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Shiatsu als Berufsbild

Eine persönliche Einschätzung von Rüdiger Kromp, Vorstandsmitglied im ShenDo Shiatsu Verband e.V.

Wenn ich mich in der Vergangenheit immer wieder mit Kollegen unterhalten oder Artikel zu dem Thema gelesen habe, war davon die Rede, dass es wichtig sei, um für Shiatsu eine höhere Anerkennung in der Gesellschaft und auch der medizinischen Zunft zu erreichen, ein Berufsbild Shiatsu als therapeutische Methode zu schaffen.

Nun stelle ich mir, ohne festzustellen, dass ich einen Beruf „Shiatsu-TherapeutIn bzw. PraktikerIn“ grundsätzlich falsch fände, die Frage, worauf diese Anerkennung abzielt.

Ist damit die Anerkennung in der Gesellschaft allgemein gemeint, also der möglichen Patienten/Klienten oder die staatliche und auch die der westlichen Medizinwelt, um für uns Shiatsu-Anwender die endgültige Bestätigung und Reputation für die Wirksamkeit und Wichtigkeit von Shiatsu zu erhalten?

Ich kann nach 19 Jahren intensiver Beschäftigung mit Shiatsu für mich ganz klar feststellen, dass die Wertschätzung und Achtung meiner Klienten für Shiatsu nicht größer wäre, wenn ich ein staatliches Diplom und eine öffentliche Anerkennung hätte. Dabei habe ich (sehr) selten erlebt, dass jemand wegen der fehlenden Krankenkassenzulassung nicht hätte wiederkommen wollen.

Und, mal ganz direkt gesprochen, was würde mir eine Krankenkassenzulassung bringen außer, dass ich nicht mehr frei bestimmen kann, wie viel Geld mir meine Arbeit wert ist (siehe im Gegensatz alle schulmedizinischen Anwendungen). Weiterhin besteht die Gefahr, bei falscher oder verspäteter Abrechnung keine Vergütung zu bekommen und mich der bürokratische Aufwand entweder mehr Zeit und Aufwand kostet oder weniger Zeit für meine Klienten in der Anwendung bleibt. Die Auswirkungen können wir zur Genüge in unserem Gesundheitssystem betrachten, die zeigen, dass dieser bürokratische Mehraufwand mittlerweile einen großen Teil der Zeit in der Praxisorganisation in Anspruch nimmt. Daher fehlen mir bis hierher die guten Gründe, warum Shiatsu Kassenleistung werden sollte. Dem Einwand, dass dann auch Geringverdiener in den „Genuss“ kämen, kann ich nur entgegnen, dass ich es erstens noch selbst entscheiden kann, was ich einem Klienten berechne und bei gefühlter Wertschätzung das Honorar anpassen kann und zweitens sich sehr selten Menschen aus  dem unteren Gehaltsniveau in meine Praxis „verirren“.  Das liegt zum einen an den konditionierten Wegen im Krankheitsfall und natürlich auch daran, dass Shiatsu eben vor allem in dieser gesellschaftlichen Gruppe fast gar nicht bekannt ist.

Ich glaube, die Frage ist eher, wie wir Praktiker mit Shiatsu arbeiten und bekannt machen wollen und nicht, ob ein „Berufsbild Shiatsu“ uns allen dienlich wäre.

Zu mir kommen viele Menschen aus den medizinischen Bereichen, Ärzte, Physiotherapeuten und medizinisches Personal. Was ich in Gesprächen über die Arbeitswelt der Praxen und Krankenhäuser (im Einfluss der Kassen) erfahre, ist ein Bild der stetigen Überlastung, Einengung durch Vorschriften seitens der Krankenkassen und das Gefühl von ständigem Überlebenskampf. Da stellt sich bei mir nicht die Frage, ob ich so arbeiten möchte. Das würde meiner inneren Überzeugung, dass Shiatsu mehr als eine Methode ist, sondern ein Weg für den Hilfesuchenden wie den Anwender darstellt, in einem Rahmen von gegenseitiger Wertschätzung und dem Focus, dass es beiden gut gehen soll, widersprechen. Leider ist die Gefahr für mich zu groß, dass es durch ein anerkanntes Berufsbild „Shiatsu-TherapeutIn“ in die falsche Richtung für uns PraktikerInnen kommen kann.

Hinzu kommt, dass bei einer offiziellen Anerkennung eine nicht unbedeutend große Anzahl von Shiatsu Praktizierenden die Arbeit damit (in welchem Rahmen auch immer) verwehrt wird. Nämlich alle diejenigen, die keine medizinische Ausbildung haben und/oder die Kosten und Anforderungen für die Prüfung zum Shiatsu-Therapeuten (siehe Beispiel Schweiz) nicht leisten können bzw., aus oben beschriebenen Gründen, nicht wollen.

Abgesehen davon, wie werden die Prüfer ausgesucht und wer bestimmt, was grundsätzlich Shiatsu ist und wie es zu handhaben sei? Bei so vielen verschiedenen Ansätzen und Stilen fällt es mir schwer zu glauben, dass eine Vereinheitlichung der Entwicklung des Shiatsu dienlich sein könnte.

Und warum ist es überhaupt so wichtig, dass Krankenkassen und Schulmedizin Shiatsu als zugelassene Methode anerkennen? Sprechen die vielen Erfolgsgeschichten nicht eine eigene Sprache, jenseits von Studien und Statistiken? Sicher wäre eine größere Akzeptanz und Zusammenarbeit wünschenswert, diese jedoch mit einem restriktiven Schritt (für viele Anwender wäre es das) in Richtung Berufsbild zu erreichen scheint mir zumindest wert zu überdenken. Die große Gefahr besteht, dass wir viel von den grundsätzlichen gemeinsamen Werten, Möglichkeiten und Freiheiten im Shiatsu verlieren könnten – ein hoher Preis für ein offizielles Diplom?!

ShenDo Shiatsu war und ist immer ein offener Weg für alle Menschen, die, bewusst oder unbewusst, auf der Suche nach sich selbst waren/sind, nach Unterstützung für sich und andere trachten und dabei die, für mich unbegrenzten, Möglichkeiten nutzen und schätzen gelernt haben. Ein Großteil der Lernenden verändert während der Ausbildung die Vorstellungen und Intentionen zum Erlernen dieser Methode und ist mehr beeindruckt von der Herzlichkeit, Leichtigkeit und Tiefe der Berührung im Shiatsu.

Aus diesem Grund haben wir dem ShenDo Shiatsu eine gesundheitspädagogische Ausrichtung (mit Berufsordnung!) gegeben und empfehlen nicht grundsätzlich eine schulmedizinische oder heilpraktische Ausbildung zu absolvieren.

Wollen wir wirklich all denjenigen, die keine schulmedizinische Ausrichtung/Ausbildung haben, ihre Möglichkeit nehmen zu entscheiden, wie und in welchem Rahmen sie ihr Shiatsu praktizieren und in die Welt tragen wollen (immer die heutigen gesetzlichen Vorschriften beachtend)?

Für mich ist ShenDo immer ein Ort und Raum für meine persönliche Entfaltung und die meiner Klienten gewesen und diesen möchte ich für mich und alle meine Kollegen nicht verlieren…

Ich würde mich sehr darüber freuen, eure Meinung zu dem Thema zu erfahren. Also, wenn das Holz in euch kreativ und aktiv sein möchte, schreibt es auf und schickt es mir unter zu. Mit eurer Erlaubnis könnten wir dann im nächsten Newsletter eine Rubrik mit euren Antworten erstellen und sehen, wie die Mitglieder des ShenDo Verbandes über dieses Zukunftsthema denken.